Luzerner Zeitung: Feuer und Flamme – jetzt erst recht

Artikel in der Luzerner Zeitung - 05. November 2017 - Jörg Greb, Lenz/Lantsch

 

Die Engelbergerin Lena Häcki (22) freut sich nach ihrem eindrücklichen Aufstieg im letzten Winter auf die kommenden Monate im Hinblick auf Olympia. Sie will bei den Eliten endgültig Fuss fassen.

 

Kraftvolle Stockeinsätze, kurze, impulsive Schritte: Lena Häcki beschleunigt auf dem kompakten Kunstschneeband der Biathlon-Arena Lenzerheide im Anstieg zur Schiessanlage. Das Tempo nimmt sie mit auf die kurze Gerade, den U-Turn. Sodann springt sie mit den Ski an den Füssen auf die Kunststoffunterlage, hebelt das Gewehr vom Rücken, atmet tief durch, zielt und schiesst. Fünf Schuss, fünf Treffer. Doch Coach Armin Auchentaller liefert die Sofortkorrektur: «Alle Schüsse etwas zu hoch», sagt er. Weiter geht’s. Lena Häcki hängt weitere Runden an. Dazwischen schiesst sie, entweder liegend oder stehend. Die Athletin ist im Element.

Dass die 22-Jährige sich mit sich im Reinen fühlt, spiegelt sich über die Momentaufnahme hinaus: im Eindruck auf der Loipe, in ihrer Gestik und Mimik wie auch im Gespräch danach. «Ich bin Feuer und Flamme, für mich bedeutet Biathlon Leidenschaft», sagt sie. Ihren ausgeprägten Bewegungsdrang kann sie täglich ausleben – draussen, in der geliebten Natur. «Und ich bin so froh, dass ich mein grosses Hobby zum Beruf habe machen können», verdeutlicht sie. Das Mathematik-Studium, das sie nach dem Gymnasium in Angriff nahm, hat sie «auf Eis gelegt».

 

Häcki mag die Strecken in Südkorea

 

Die Konzentration der zweifachen Junioren-WM-Zweiten von 2016 und letztjährigen Senkrechtstarterin bei der Elite ( ein 4. Rang im Weltcup) hat eine neue Dimension erreicht. Ein Stichwort überragt alles Übrige: Pyeongchang. «Ich will mich für Olympia qualifizieren – so rasch als möglich», sagt sie. Eine Weltcup-Klassierung in den besten 15 oder zwei in den besten 25 sind verlangt. Motivierend wirkt zudem die Assoziation mit den Olympia-Loipen. Harte, lang gezogene Aufstiege und technisch anspruchsvolle Abfahrten prägen sie. «Solche Strecken gefallen mir», sagt sie. Ihre Kraft sowie das technische Flair kann sie dabei zur Geltung bringen.

Die finale Vorbereitung auf den Weltcup-Auftakt Ende Monat plant Lena Häcki mit dem Schweizer Frauenteam weiterhin in Lenzerheide – im Gegensatz zu den Männern, die es nach Skandinavien zieht. Neben der Teamleaderin Selina Gasparin, der Olympia-Zweiten von Sotschi 2014, ist sie zu einer der Schweizer Hoffnungsträgerinnen geworden. Illusionen aber gibt sich die sportbegeisterte junge Frau keinen hin. «Eine Olympia-Medaille, das ist nicht realistisch», sagt sie. Ihr Augenmerk hat sie neben einem starken Saisonauftakt auf die Konstanz gerichtet. «Ich will bei der Elite richtig Fuss fassen», sagt sie. Mit einer Klassierung in der Weltcup-Gesamtwertung unter den besten 30 sähe sie dies bestätigt.

 

Fünf Jahre kein Rennen abgesagt

 

Ein Faktor, der grundsätzlich für Lena Häcki spricht, ist ihre Gesundheit. «Es sind fünf Jahre vergangen, seitdem ich ein Rennen habe absagen müssen.» Keine Krankheiten, keine Verletzungen hinderten sie. Und so überwand sie im vergangenen Sommer auch eine Entzündung der Patellasehne glimpflich: «Ich musste nur einige Wochen aufs Jogging verzichten, sonst ging alles schmerzfrei.» Defizite haben sich daraus keine ergeben.

 

Von Deutschland profitieren

 

Erfahrungen nimmt Lena Häcki auch aus Deutschland mit. Dank ihrem Freund, dem deutschen Profibiathleten Marco Gross, verbrachte sie immer wieder Wochen im «Biathlon-Mekka» ­Rupolding mit der 5-km-Rollskibahn und dem Schiessplatz mit 30 Scheiben. Und nicht nur das: Häcki kann auch von den deutschen Athletinnen und ihrem Umfeld profitieren. «Unglaublich, wie ich aufgenommen werde, wie das Zusammenspiel mit meinen Schweizer Trainingsplänen und den deutschen Trainingsgruppen klappt.» Und dazwischen tankt sie immer wieder Kraft zu Hause in Engelberg. Dort wird sie auch am nächsten Sonntag beim Nordic Opening erwartet – für eine Autogrammstunde.

 

 

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